Hospizarbeit

Meine Hospizhelferausbildung geht los

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„Was wird mich wohl erwarten?“ frage ich mich beim Weg zum ersten Seminarwochenende meiner Hospizhelferausbildung, die jetzt endlich los geht. Im Seminarplan steht „Eigene Trauererfahrungen“. Gut ein Jahr ist es her, dass mein Papa gestorben ist.

Ich habe mich viel mit meiner Trauer auseinandergesetzt, in Trauergruppen, in Einzelgesprächen, in Coachings. Immer zusammen mit anderen Trauernden und vertrauten Menschen in meinem Umfeld. Ob ich aber meine Trauer mit anderen Menschen, die ich noch gar nicht kenne, teilen möchte? Das weiß ich nicht. Am Ende wird unsere Gruppe nach nur einem Wochenende eine solche Vertrautheit haben, wie ich es mir in meinen kühnsten Vorstellungen nicht ausgemalt hätte.

Wie stehe ich selbst zum Tod?


Christa Hofmann, Leiterin des Hospiz Lebensbrücke, nimmt uns an diesem Wochenende mit auf zahlreiche Phantasiereisen. Es geht um unsere ersten Erfahrungen mit dem Tod. Hast Du Dir schon einmal Gedanken darüber gemacht? Ich ehrlich gesagt nicht wirklich. In meinem Alltag denke ich, trotz meiner Trauer, nicht bewusst über so etwas nach. Und doch ist es unglaublich wichtig, selbst zu erkennen, wie einen das Thema Tod vielleicht in früher Kindheit geprägt hat. Wir machen außerdem eine Reise zum Zeitpunkt unseres eigenen Todes. Will ich das? – denke ich zuerst. Und dann ist es – ich hätte es nicht gedacht – wunderschön. Wir reflektieren, wie wir selbst einmal sterben möchten, sollten wir uns das aussuchen können. Wie wollen wir beigesetzt werden? Wer soll bei uns sein? Welcher Text soll noch einmal vorgelesen werden, welche Musik möchten wir hören? Ein harter Brocken Reflexion. Denn wir blicken auch auf das, wovor wir Angst haben, wie wir nicht sterben wollen. Es geht auch um das Thema Religion. Wie stehen wir selbst dazu, was gibt uns Religion? Denn nur, wenn wir unseren eigenen Standpunkt dazu kennen, können wir begreifen, worum es in der Hospizarbeit geht: Menschen zu begleiten, ganz unabhängig von ihrer Religion. Welcher Konfession sie angehören, woran sie glauben, das gilt es zu respektieren. Ich habe meinen Standpunkt, der Mensch, den ich begleite, vielleicht einen ganz anderen. Und das muss okay so sein. Wir sprechen auch über Verletzungen, die wir erfahren haben.

Verletzungen sind okay


Meine wichtigste Erkenntnis: Ich darf auch als Hospizhelferin Verletzungen erlebt haben. Natürlich darf ich das. Aber so „natürlich“ war das für mich ehrlich gesagt nicht. Denn ich dachte, die Menschen, die diese Aufgabe übernehmen, sind selbst unglaublich stark, fast unfehlbar, die kann nichts umhauen, die haben sowas wie einen „lupenreinen Lebenslauf“, wenig psychische Belastungen erlebt, sind resilient und unglaublich stark. Ich stelle fest, all diejenigen, die mit mir diese Ausbildung machen, sind ganz normale Menschen. Sie sind sehr mutig, empathisch, liebevoll und einfühlsam, haben aber alle natürlich auch eine eigene Geschichte. Niemand ist unfehlbar, niemand ist perfekt.
Und wenn ich mir dieser, meiner Geschichte bewusst bin, kann ich auch mit erlebten Verletzungen meine Aufgabe als Hospizhelferin sehr gut machen.

Am Ende dieses Wochenendes bin ich ehrlich gesagt ziemlich platt. Aber auch unglaublich bereichert. Von den Menschen, die ich kennen lernen durfte, von dem Vertrauen, das wir gefasst haben. Und auch von meinem eigenen Mut, so intensiv auf die Dinge zu schauen, die ich gerne auch mal verdrängt habe. Wie zum Beispiel meinen eigenen Tod. Aber der wird kommen, so viel ist sicher. Nach diesem Wochenende fühle schon ein klein bisschen weniger Angst davor als vorher. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.