Allgemein,  Hospizarbeit

Eine Frage des Respekts – Religion in der Sterbebegleitung

Ich bin nicht gläubig. Ob man an religiös ist, ist eine höchst individuelle Entscheidung. Das zu respektieren, ist für meine Arbeit als Hospizhelferin entscheidend. Und auch, wenn ich selbst nicht an Gott glaube und keiner Religion folge, kann ich auf Menschen treffen, für die das wichtig ist. Wie die unterschiedlichen Religionen mit Tod und Sterben umgehen und was es für mich als Helferin zu beachten gibt, erzähle ich Dir in diesem Artikel.

„Obwohl wir so viele unterschiedliche Religionen auf der Welt kennen, sind wir in vielen Punkten, was das Sterben anbelangt, gar nicht so weit auseinander“, erklärt uns Ingrid Mertner, die den Abend als Referentin leitet. Viele Rituale sind ähnlich, zum Beispiel wird in vielen Religionen für eine bestimmte Zeit noch Trauerbekleidung getragen.

Warum ist dieses Thema für mich von Bedeutung?


Für mich als Sterbebegleiterin ist wichtig, mich mit den Ritualen rund um das Sterben und den Tod in anderen Religionen auseinanderzusetzen, denn im Hospiz werde ich auf Menschen aus den unterschiedlichsten Glaubensrichtungen treffen. Und dann geht es darum, mich in die Situation und die Bedürfnisse einzufühlen. Ich sollte die Rituale der Religion des Sterbenden kennen, sie schätzen und respektieren.

Es wäre viel zu umfangreich, hier darzustellen, welche Religion genau welche Rituale pflegt. Hier kannst Du aber mehr dazu finden. Auch der Hospizverein Auxilium widmet sich in seinem Magazin „Wegbegleiter“ ausführlich diesem Thema. Dort kannst Du viele wichtigen Infos und spannende Interviews zu diesem Thema lesen. Hier gehts zum Magazin. (Falls Du noch eine Glaubensrichtung oder Kultur darin vermisst, eine Fortsetzung dazu ist bereits in Arbeit)

Abgehängte Spiegel, Trauerzeit, Blick Richtung Mekka


Es gibt einige Punkte, die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind, so dass ich sie hier kurz anreiße. So werden bei gläubigen Juden nach dem Tod zum Beispiel im gesamten Haus alle Spiegel abgehängt. Der Glaube besagt, dass der Blick der Trauernden in den Spiegel ihre Trauer verdoppelt.

In vielen Religionen gibt es auch die „Trauerzeit“. In dieser Zeit werden Trauernde vollkommen in Ruhe gelassen. Freunde und Bekannte kümmern sich um sie. Sie dürfen in Ruhe trauern, ihnen wird Essen gebracht, sie werden umsorgt und in ihrer Trauer respektiert.

Im Islam werden Sterbende oft aufrecht in den Kissen gebettet, den Körper nach rechts bzw. den Blick nach Mekka gerichtet.

Respekt vor der Individualität des Sterbenden


All das zu erfahren, ist für mich sehr interessant. Auch, wenn ich mir nicht im Detail alle Rituale behalten werde können, so weiß ich doch, wie wichtig es ist, sie zu respektieren – im Sterben wie im Leben. Auch, wenn mir so manches vielleicht befremdlich vorkommen mag. Ich kann als Helferin, wenn ich mir unsicher bin, auch nachfragen, was ich tun kann. Entweder bei den Angehörigen oder (soweit möglich) auch beim Sterbenden selbst.

Wir diskutieren an diesem Abend viel über die Bedeutung von Sterben und Tod. Dabei wird auch klar, dass der Glaube vielen Menschen hilft, ihre Sterblichkeit zu akzeptieren. Die Rituale helfen ihnen dabei, damit umzugehen. Allerdings nimmt die Religion deswegen nicht grundsätzlich die Angst vor dem Tod. Die Angst vor dem, was dann vielleicht kommt. Denn das wissen wir ja alle nicht. Ob Glaube oder nicht, viele Menschen haben Angst vor dem Sterbeprozess. Vor Schmerzen, vor Übelkeit, vor Unruhe. Meine Aufgabe wird es sein, sie zu unterstützen und im Sinne der Hospiz,- und Palliativbewegung alles zu tun, um ihnen die letzten Stunden ihres Lebens so erträglich wie möglich zu machen.



Artikelbild: S. Hermann & F. Richter auf Pixabay

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